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Ältere Mitarbeitende – Klischee und Wirklichkeit

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«Ältere Mitarbeitende sind teuer. Sie sind weniger belastbar. Sie sind Bremser.» Mit diesen Vorurteilen kämpfen viele, die jenseits des 50. Geburtstags eine neue Stelle suchen. Und sie stehen im Raum, wenn im Unternehmen eine Sparrunde angedacht wird. Doch was ist wahr an diesen Klischees? Wir nehmen drei Vorurteile für Sie unter die Lupe.
Eine jüngere und ältere Geschäftsfrau besprechen das Projekt

Vorurteil 1: Ältere sind teuer

Sprechen wir als Erstes übers Geld: Tatsächlich sind die Löhne von älteren Arbeitnehmenden im Durchschnitt höher als die von jüngeren – weil sie über viel Berufserfahrung verfügen und dementsprechend ein höheres Basissalär erhalten. Der Unterschied ist aber viel kleiner, als man denkt: Vergleicht man die Medianlöhne der 30- bis 49-Jährigen in der Schweiz mit der Gruppe «50 plus», beträgt der monatliche Lohnunterschied im Schnitt 511 Franken. Dies zeigt die Schweizerische Lohnstrukturerhebung 2022 des Bundesamts für Statistik. Statistisch gesehen finden die grossen Lohnsprünge im jüngeren Lebensalter statt – nach dem 50. Geburtstag tut sich nur noch wenig.

Ein weiterer Faktor sind die Lohnnebenkosten. Hier sind die Älteren teurer, denn die Altersgutschriften für die Pensionskasse erhöhen sich stufenweise.

So belaufen sich als Beispiel die Mehrkosten für einen 55-Jährigen im Vergleich zu einem 45-Jährigen auf 3 Prozent. Die faktische Belastung des Arbeitgebers ist jedoch geringer, denn er trägt in der Regel lediglich die Hälfte der Kosten. Zudem gibt es noch einen Koordinationsabzug. Zum Beispiel bedeutet das: Beim Schweizer Medianlohn in Höhe von 6’788 Franken beträgt der Unterschied monatlich nur 68.75 Franken.

Die Fakten: Unterschied zwischen den Geschlechtern grösser als zwischen Altersstufen

Sind ältere Mitarbeitende also teurer? Ja, ein wenig. Allerdings sind Ältere in der Regel loyaler und können aus einem grossen Erfahrungsschatz schöpfen. Gerade langjährige Mitarbeitende verfügen oft über ein enormes Wissen, nicht nur fachlich, sondern auch über die Zusammenhänge im Unternehmen. Das kann Gold wert sein. Die häufigere Wiederbesetzung von jüngeren Arbeitnehmenden bringt auch direkte und indirekte Kosten mit sich. Ausserdem fällt der Unterschied zwischen den Geschlechtern – über alle Berufe hinweg betrachtet – stärker ins Gewicht. So liegt der Medianlohn sogar bei Frauen über 50 Jahren immer noch 359 Franken niedriger als der von Männern zwischen 30 und 49 Jahren. Und es würde wohl niemandem in den Sinn kommen, nur Frauen einzustellen, weil sie statistisch gesehen nach wie vor die niedrigeren Löhne haben.

Lohnkosten

Tipps für Arbeitgeber

Haben Sie das Gefühl, dass bei einer oder einem Mitarbeitenden das Verhältnis zwischen Lohn und Leistung nicht mehr stimmt? Vielleicht liegt es nicht am Alter, sondern an der jahrelangen Routine. Dann braucht die Person vielleicht ein spannendes neues Projekt. Oder sie möchte den Stress einer Führungsfunktion nicht mehr auf sich nehmen und wäre froh, in die Rolle einer Fachkraft wechseln zu können. Oder Ihre Arbeitnehmerin bzw. Ihr Arbeitnehmer würde gerne für die nächsten Jahre bis zur Pensionierung im 80- oder 60-Prozent-Pensum arbeiten und ist dank Freizeitgewinn aufs Neue topmotiviert. Finden Sie gemeinsam individuelle Lösungen, die für beide Seiten stimmen.

Tipps für Mitarbeitende

Ist Ihr Salär in den vergangenen 30 Jahren stetig gewachsen? Daraus entsteht auch eine Erwartung beim Arbeitgeber. Überlegen Sie sich, wie Sie Ihren Marktwert steigern können, zum Beispiel mit einer Weiterbildung. Bieten Sie gezielt an, jüngere Mitarbeitende auszubilden oder zu coachen. Davon profitiert nicht nur das Unternehmen, sondern auch Ihr Ansehen: So zeigen Sie, dass Sie Ihr Geld wert sind.


Vorurteil 2: Ältere sind weniger belastbar

Sind die Älteren häufiger krank? Laut Daten des Statistischen Bundesamts von 2023 liegt die Absenzquote der Mitarbeitenden ab 55 Jahren tatsächlich über dem Durchschnitt: 4,1 statt 3,4 Prozent. Andererseits ist das Alter nur einer von vielen Einflussfaktoren: Geschlecht, Nationalität, Branche, Unternehmensgrösse oder Hierarchiestufe spielen ebenfalls eine grosse Rolle.

Die Fakten: Alter nur einer von vielen Faktoren fürs Kranksein

Wenn die Anzahl der Fehltage als Indikator für die Belastbarkeit gilt, so sind ältere Mitarbeitende im Schnitt tatsächlich häufiger krank. Dieses Vorurteil hat also einen wahren Kern. Doch Belastbarkeit hat auch andere Aspekte: So bleiben Ältere dank ihrer grösseren Lebenserfahrung in Krisensituationen oft gelassener, denn sie haben schon vieles überdauert. Und andere Faktoren wie die persönliche Lebenssituation oder Fitness spielen neben dem Alter ebenfalls eine grosse Rolle. Eine fitte 58-Jährige, die jeden Morgen mit dem Velo zur Arbeit kommt, ist vermutlich weniger oft erkältet als der übermüdete junge Vater, der regelmässig einen Virus aus der Krippe mitschleppt.

Belastbarkeit

Tipps für Arbeitgeber

Mit einem professionellen betrieblichen Gesundheitsmanagement können Sie Absenzen spürbar verringern. Das lohnt sich insbesondere bei älteren Arbeitnehmenden. Fördern Sie gezielt deren Gesundheit – legen Sie Wert auf Ergonomie am Arbeitsplatz, achten Sie gut auf branchentypische Fehlbelastungen und vor allem: Zeigen Sie Ihren älteren Mitarbeitenden Wertschätzung. Denn wer glücklich ist in seinem Job, dem geht es seelisch und auch körperlich besser.

Tipps für Arbeitnehmende

Halten Sie sich fit mit regelmässiger Bewegung und gesunder Ernährung. Niemand ist vor Schicksalsschlägen gefeit, doch viele Krankheiten können Sie durch einen gesunden Lebensstil verhindern oder zumindest hinauszögern. Ausserdem erholt sich ein gesunder Körper schneller von einem Infekt als ein angeschlagener. Dasselbe gilt für Ihre geistige Fitness: Bleiben Sie neugierig auf Ihre Branche und verfolgen Sie die wichtigsten Trends. So können Sie jederzeit mitreden und demonstrieren ganz nebenbei, dass Sie noch nicht «zum alten Eisen» gehören.


Vorurteil 3: Ältere sind Bremser

Jeder kennt den alten Griesgram aus seiner Firma, der bei jeder Neuerung sagt: «Vergesst es. Das hatten wir vor 20 Jahren auch schon mal. Hat damals ebenfalls nicht geklappt.» Eine solche Haltung kann sehr anstrengend sein – trotzdem lohnt es sich, zuzuhören. Denn das Gegenstück zu unflexiblen Alten sind jungdynamische Uniabgängerinnen und Uniabgänger, die alles wissen, doch leider nur aus der Theorie. Ältere Mitarbeitende können gerade in Projekten und bei Veränderungen Gold wert sein. Denn dank ihres Erfahrungsschatzes sehen sie oft mögliche Stolpersteine voraus und wehren so Gefahren ab. Das funktioniert jedoch nur mit einer positiven Einstellung auf beiden Seiten.

Die Fakten: Vielfältige Perspektiven bringen Mehrwert

Die angebliche fehlende Flexibilität von älteren Arbeitnehmenden ist eher eine Frage der Perspektive. Schliesslich blicken 55-Jährige auf andere Erfahrungen zurück und stehen an einem anderen Lebenspunkt als 25-jährige Vorgesetzte. Nicht zu unterschätzen ist, dass ältere Mitarbeitende mit ihren Bedenken, ihrer Nostalgie und ihrem Zurückblicken die Gefühle einer immer grösseren Kundengruppe im selben Alter repräsentieren. Nicht zuletzt deshalb sollte man sie ernst nehmen. Es gibt gleichwohl auch extrem neugierige und aufgeschlossene 63-Jährige oder Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger, die innerlich verstaubt sind: Flexibilität ist letztlich keine Frage des Alters, sondern vielmehr der persönlichen Einstellung.


Entwicklung

Tipps für Arbeitgeber

Haben Sie die Grösse, die Perspektive von älteren Mitarbeitenden wertzuschätzen – selbst wenn sie Ihnen fremd ist. In altersdurchmischten Teams können Sie die frischen Ideen der Jungen mit dem Erfahrungsschatz der Älteren auf ideale Weise kombinieren und interessante Diskussionen anregen. Falls Mitarbeitende ausgebrannt und desillusioniert wirken, sollten Sie das Gespräch suchen – und das gilt für alle Altersstufen. Denn oft steckt hinter einer negativen Einstellung das Gefühl, nicht mehr ernst genommen zu werden. Belohnen Sie bewährte Kräfte beispielsweise mit einer Fortbildung oder einem exklusiven Mittagessen und kommunizieren Sie dies klar als Dankeschön für den guten Einsatz.

Tipps für Mitarbeitende

Die Welt dreht sich immer schneller, niemand kann diesen Trend aufhalten. Stemmen Sie sich nicht gegen die Flut. Egal, ob im Brustschwimmen, Kraul- oder Butterflystil, lassen Sie sich einfach von der Strömung tragen. Dann fallen Sie auch nicht in die Rolle der ewigen Bedenkenträgerin oder des ewigen Bedenkenträgers. Sie brauchen keinen eigenen Snapchat-Account zu eröffnen. Aber Sie können sich von Lernenden einmal zeigen lassen, wie die sozialen Netzwerke funktionieren. Informieren Sie sich über neue Technologien und Arbeitsmethoden. Verblüffen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen, indem Sie einen Branchentrend vor allen anderen erkennen. Besuchen Sie Fachmessen und Vorträge. Mit jeder Aktivität senden Sie eine Botschaft aus: «Ja, ich gehe in wenigen Jahren in den Ruhestand. Doch bis dahin bin ich voll dabei.» Gleichzeitig dürfen Sie auch selbstbewusst die Perspektive Ihrer Generation vertreten. Damit repräsentieren Sie die Bedürfnisse und Gedanken einer wachsenden Kundengruppe.


Einkauf in die Pensionskasse

Sie können fehlende BVG-Beitragsjahre ausgleichen, indem Sie sich freiwillig in die Pensionskasse einkaufen. Sie verbessern dadurch Ihre Altersrente und reduzieren gleichzeitig Ihre Steuerbelastung.

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