Berufliche Vorsorge mitgestalten: über die Arbeit als Stiftungsrat

Zurück zur Übersicht
Artikel teilen

Berufliche Vorsorge mitgestalten: über die Arbeit als Stiftungsrat

Die berufliche Vorsorge ist nicht nur in Schieflage, sondern steckt auch im Reformstau. Die Pensionskassen müssen daher selbst Verantwortung übernehmen, damit die Renten auch weiterhin gesichert sind. Diese Aufgabe übernimmt der Stiftungsrat als oberstes Organ. Doch wie sieht dessen Arbeit konkret aus? Ein Gespräch über gesellschaftliche Verantwortung, persönliche Motivation und Generationenfairness.
Leute im Gespräch über die berufliche Vorsorge

In der Schweiz kümmern sich die Pensionskassen um die berufliche Vorsorge. Unternehmen, die keine eigene Pensionskasse haben, können sich einer Sammeleinrichtung anschliessen. Diese führt für jedes Unternehmen ein eigenes Vorsorgewerk und bietet verschiedene Vorsorgelösungen an, die auf die individuellen Bedürfnisse der Firmen zugeschnitten sind. Der Stiftungsrat ist das oberste Organ der Sammelstiftung, nimmt die Gesamtleitung der Vorsorgeeinrichtung wahr und überwacht die Geschäftsführung. Die Stiftungsräte legen die strategischen Ziele und die Grundsätze fest, bestimmen die Organisation der Stiftung und sorgen für deren finanzielle Stabilität.

Tanja Siegenthaler (Arbeitnehmervertreterin und Vize-Präsidentin) und Peter E. Naegeli (Arbeitgebervertreter und Präsident) sind seit Jahren im Stiftungsrat der Sammelstiftung Vita aktiv. Beide hatten sich auf eine Empfehlung hin zur Kandidatur entschlossen. Wussten Sie, dass grundsätzlich jeder Versicherte, der mindestens zu 40 Prozent bei einem angeschlossenen Arbeitgeber tätig ist, für den Stiftungsrat der Sammelstiftung Vita kandidieren kann? Das Schweizer Milizsystem der beruflichen Vorsorge sieht vor, dass Versicherte bei ihrer eigenen Pensionskasse über wichtige strategische Entscheide und die Leistungspalette mitbestimmen können. 2021 wird der Stiftungsrat der Sammelstiftung neu gewählt. Grund genug, um nachzufragen: Was macht eigentlich ein Stiftungsrat?

Wie sind Sie Stiftungsrätin beziehungsweise Stiftungsrat bei der Sammelstiftung Vita geworden?

Tanja Siegenthaler: Unser Geschäftsinhaber fand, ich sei eine passende Kandidatin. Er hat mich dazu motiviert, mich 2008 zur Wahl zu stellen. Leider reichte es nicht ganz – ich wurde als Ersatzkandidatin gewählt. 2011 erhielt ich einen Anruf, dass ein Sitz im Stiftungsrat frei wird. So bin ich gegen Ende der laufenden Amtsperiode zur Sammelstiftung Vita gestossen.

Peter E. Naegeli: Der damalige CEO von Zurich Schweiz, Hans-Jürg Bernet, hatte mich 2004 darauf aufmerksam gemacht, dass Zurich das Vollversicherungsmodell in der beruflichen Vorsorge durch ein teilautonomes Modell ersetzt und die Sammelstiftung Vita gegründet hatte. Für den Stiftungsrat suchte man nun nach geeigneten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkandidaten, die den bisherigen Gründungs-Stiftungsrat ablösen würden. Hans-Jürg Bernet ermunterte mich, zu kandidieren, was ich auch tat. Bei den nächsten Wahlen wurde ich dann gewählt.

Wie sieht Ihre Tätigkeit im Stiftungsrat aus?

Tanja Siegenthaler: Ich nehme mein Amt als Stiftungsrätin sehr ernst. Zu Beginn wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Voller Elan habe ich mich in die neue Aufgabe gestürzt und mich in die berufliche Vorsorge eingelesen. Dies war zu Beginn nicht einfach, weil vieles neu war – doch die Herausforderung hat mich gereizt. Ich habe viel gelernt, heute verstehe ich die Zusammenhänge und Hintergründe. Die Aufgabe ist spannend: Sowohl die Vorbereitung als auch die Diskussionen im Gremium – insbesondere, weil das Thema Vorsorge uns alle betrifft. Als Arbeitnehmervertreterin die Interessen der Versicherten zu vertreten und aus deren Perspektive Fragen zu stellen, gibt mir ein gutes Gefühl.

Peter E. Naegeli: Ich gehöre seit 15 Jahren dem Stiftungsrat der Sammelstiftung Vita an, und meine Tätigkeit hat sich in der Zeit erheblich verändert. Sinnbildlich und prägend für die gesamte Zeit war die Frage eines früheren CEO von Zurich Schweiz: «Sind denn alle Stiftungsräte und deren Präsidenten so aktiv wie ihr bei der Sammelstiftung Vita?» Der Stiftungsrat der Sammelstiftung Vita hat seine Rolle seit Beginn sehr ernst genommen: die Interessen der Versicherten konsequent zu vertreten und dem Zweck der beruflichen Vorsorge gerecht zu werden – eine ausreichende Rente am Ende des Erwerbslebens sicherzustellen.

Wie hoch ist der Aufwand für die Arbeit im Stiftungsrat der Sammelstiftung Vita?

Tanja Siegenthaler: Ich befasse mich generell viel mit Selbststudium und lese Fachzeitschriften. Naturgemäss nimmt die Vorbereitung der einzelnen Sitzungen viel Zeit in Anspruch. Die Themen sind vielfältig und komplex, und ich benötige jeweils mindestens drei Stunden, um mir eine fundierte Meinung zu bilden. In meinem beruflichen Alltag habe ich wenig mit der beruflichen Vorsorge zu tun. Umso wichtiger sind die halb- oder ganztätigen Weiterbildungen – pro Jahr kommen so jeweils drei zusätzliche Tage hinzu.

Peter E. Naegeli: Der Aufwand ist vergleichbar mit jenem in einem Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft. Die eintägigen Sitzungen finden quartalsweise statt – manchmal verbunden mit einem Ausbildungs-Workshop. Zudem wird jährlich eine zweitägige Strategie-Retraite durchgeführt. Hinzu kommen der Vorbereitungsaufwand und die Lektüre von Unterlagen. Wer zusätzlich in einem Ausschuss tätig ist, bereitet zudem aktuelle Themen und Dossiers für die Besprechung im Stiftungsrat vor. Mit einem Aufwand von sechs bis acht Arbeitstagen pro Jahr sollte man rechnen. Für mich als Stiftungsratspräsident beträgt das Pensum rund 10 Prozent einer Jahresarbeitszeit.

Welche Voraussetzungen sollte ein Stiftungsratskandidat Ihrer Meinung nach mitbringen?

Tanja Siegenthaler: Wichtig sind ein grosses Interesse für die berufliche Vorsorge sowie der Wille, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und Weiterbildungen zu besuchen. Ein Kandidat muss sich bewusst sein, dass die Ausübung des Amtes Zeit benötigt. Daher muss der Arbeitgeber dahinterstehen und diese Zeit gewähren. Im Milizsystem können wir nicht alle BVG-Profis sein, dies ist auch nicht die Idee. Doch der Wille, sich weiterzubilden, muss vorhanden sein.

Peter E. Naegeli: In erster Linie muss ein Stiftungsratskandidat Interesse an einer gesellschaftlichen Aufgabe mitbringen. Er muss sich seiner Rolle als Arbeitgeber- oder Arbeitnehmervertreter sowie der Kernaufgabe der beruflichen Vorsorge bewusst sein. Fachliche Kompetenz im Bereich des BVG und des Sozialversicherungssystems oder in der Vermögensverwaltung sind hilfreich, doch nicht zwingend. Vieles kann man lernen.

Was für Tipps geben Sie jemandem mit, der gerne Stiftungsrat werden möchte?

Tanja Siegenthaler: Stiftungsrätin zu sein ist eine spannende und wichtige Aufgabe, die viel Engagement und Disziplin verlangt. Ein Kandidat sollte sich der Verantwortung und des Zeitaufwandes bewusst sein, die dieses Amt mit sich bringen. Als Stiftungsrat lohnt es sich, in den Sitzungen auch kritische oder «simple» Fragen zu stellen. Es sind manchmal genau diese einfachen Fragen, die – nebst all dem geballten Fachwissen der Experten – den richtigen Input für eine Lösungsfindung bringen.

Peter E. Naegeli: Wer das schweizerische Drei-Säulen-System schätzt und sich zu Fairness in der beruflichen Vorsorge bekennt, sollte sich für den Stiftungsrat bewerben. Die Herausforderung der demografischen Entwicklung kann die Politik nicht allein bewältigen. Trotz eines markanten Reformstaus bietet die heutige Gesetzgebung bereits genügend Spielraum, um die berufliche Vorsorge auch im Interesse der künftigen Generationen auszugestalten: ohne Altlasten, wie beispielsweise die seit Jahren schweizweit angehäuften Pensionierungsverluste in Milliardenhöhe.

Bestimmen Sie mit!

Sind Sie bei der Sammelstiftung Vita versichert und interessieren sich für die berufliche Vorsorge? Dann kandidieren Sie für den Stiftungsrat. Mehr Informationen zu den Stiftungsratswahlen 2021 finden Sie hier.

Vita Classic

Für Unternehmen, die Verantwortung übernehmen. Und für alle, die Wert auf eine flexible und bedarfsgerechte Vorsorge legen.

Mehr erfahren
Portrait Peter E. Nägeli

Peter E. Naegeli

Peter E. Naegeli ist Präsident und Arbeitgebervertreter des Stiftungsrates der Sammelstiftung Vita.

Portrait Tanja Siegenthaler

Tanja Siegenthaler

Tanja Siegenthaler ist Vize-Präsidentin und Arbeitnehmervertreterin des Stiftungsrates der Sammelstiftung Vita.

Verwandte Artikel

Schreiner bei der Arbeit

Wettbewerbsvorteil dank kluger Vorsorge

In der zweiten Säule gibt es vielfältige Angebote. Treffen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die richtige Wahl, können sie sich auf dem Arbeitsmarkt gut positionieren.
Drei Generationen verbringen einen Tag miteinander

Die Geschichte der beruflichen Vorsorge

Wandern, Reisen, Kultur – Pensionierte haben heutzutage noch viel vor. Und das zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit – eine Tour d’Horizon durch die Entwicklung der beruflichen Vorsorge.
Mann liegt auf Wiese, schaut in den Himmel und hört Musik.

Wie Menschen in der Schweiz sparen

Wir alle haben Träume. Damit aus den Träumen Pläne werden und aus den Plänen Realität, braucht es nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondern auch ein finanzielles Polster.