«Ich wollte mich sportlich weiterentwickeln», erläutert Chantal Wick den Wechsel. Sie ist nach Deutschland gegangen, weil sie dort bessere Rahmenbedingungen für den Leistungssport vorfindet. «In der Schweiz gibt es nur wenige Profis, die ausschliesslich vom Sport leben können. In einer Randsportart wie dem Handball ist es schwierig, und als Frau noch einmal mehr.» Ausserdem ist die Handball-Bundesliga in Deutschland grösser und sportlich stärker: «Es ist härter, es ist schneller, es ist dynamischer.»
Achtmal pro Woche Training
Die Entscheidung, nun ganz auf den Sport zu setzen, ist bei ihr über Jahre gereift – «aber als das Angebot kam, habe ich innerhalb weniger Tage zugesagt». Doch vorher hat sie den Schritt mit ihrer Familie und ihren Freunden abgestimmt – und vor allem mit ihrem Freund. «Er hat mir Mut gemacht, diese Chance zu ergreifen, und ist bereit, die Fahrzeit von drei Stunden in Kauf zu nehmen», berichtet sie. Denn seit dem Sommer dreht sich Chantals Leben nur noch um den Handball: «Mein Alltag hat sich auf den Kopf gestellt.» Unter der Woche trainiert sie achtmal, dazu kommen Spiele am Wochenende, die Team und Trainer vorbereiten und anschliessend per Video analysieren. Ausserdem nimmt sie Sponsorentermine wahr.
Auf allen Positionen im Einsatz
Auch sportlich ist Chantal Wick voll gefordert. Sie spielt grundsätzlich Rückraum Mitte, kommt aber als sehr variable Spielerin auf mehreren Positionen zum Einsatz: «Ich bin da ein Spezialfall», erzählt sie. «Kürzlich hatten wir einen Ausfall am Kreis, dann habe ich halt da gespielt.» Ihre ersten Eindrücke von Deutschland sind sehr positiv. Weil Handball ein Mannschaftssport ist, hat sie sofort Teamgspänli gefunden, die sie herzlich aufgenommen haben. Ausserdem hat ihr Verein ihr eine Wohnung organisiert und auch sonst alles Organisatorische für sie übernommen.
«Ich mache weiter, solange es Spass macht»
Nun ist sie für die nächsten zwei Jahre unter Vertrag in Neckarsulm – und hat das feste Ziel, sich in dieser Zeit persönlich weiterzuentwickeln und mit dem Team einen Schritt nach vorne zu machen. Eine langfristige Planung hat sie jedoch nicht aufgestellt: «Ich mache solange weiter mit dem Handball, wie ich körperlich fit bin und Spass dabei habe.» Gleichwohl ist ihr bewusst, dass eine Verletzung von heute auf morgen ihre Profikarriere beenden kann: «Solange ich einen Vertrag habe, bin ich abgesichert, aber natürlich nur für die nächsten zwei Jahre.» Umso wichtiger ist für Chantal Wick, ihr Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften abzuschliessen und bis Ende Jahr ihre Masterarbeit zu schreiben – «auch wenn dies sicherlich anstrengend wird.»
Chancen und Risiken genau abwägen
Wie im Handball ist es für Chantal Wick auch für ihre Zukunft wichtig, Chancen und Risiken abzuwägen und darauf ihr Handeln auszurichten. Ihre gute Ausbildung sieht sie als Absicherung, um sich nach der aktiven Zeit als Sportlerin eine zweite Karriere aufzubauen. Bis zum Sommer hat sie für Zurich Schweiz als Marketingspezialistin gearbeitet und dort die Vita Sammelstiftungen betreut – «das hat mir grosse Freude gemacht und ich kann mir sehr gut vorstellen, dort wieder einzusteigen». Dass sie ein Leben lang hauptberuflich mit Handball zu tun haben wird, glaubt sie hingegen nicht: «Ich könnte mir vorstellen, später Trainerin in einem Juniorenteam zu sein, aber als Hobby, nicht als Hauptberuf.»
Schon heute an die Zukunft denken
Chantal Wick ist bewusst, dass sie mit dem Umzug nach Deutschland auch ein gewisses finanzielles Risiko eingeht. Schliesslich hat sie sich offiziell in der Schweiz abgemeldet und zahlt entsprechend auch keine AHV-Beiträge mehr ein, vom BVG ganz zu schweigen. «Diese Lücken in meiner Vorsorge werde ich nach der Rückkehr in die Schweiz ausgleichen.» Deshalb hat sie sich bei ihren Kollegen von Zurich und Vita beraten lassen, was sie beachten muss und wie sie beispielsweise die Freizügigkeitsleistung am besten anlegen soll. Dank ihrer guten Kontakte hat Chantal Wick die wichtigen Informationen schnell erhalten. Doch eigentlich ist dieses Thema für jeden jungen Menschen wichtig, findet die Sportlerin: «Was muss ich berücksichtigen, damit ich für die Zukunft gut abgesichert bin? Diese Frage kann man sich gar nicht früh genug stellen. Deshalb lohnt sich eine Beratung auch für Jüngere.» Denn wie im Handball, so auch im Leben: «Eine kluge Strategie kann das Match entscheiden.»